Gestern war der 100. Geburtstag des Schriftstellers Isaac Asimov. Der MDR hat das zum Aufhänger genommen, nach dem Verhältnis von Science Fiction und Realität in der Robotik und K.I. zu fragen. Ich will diese Frage hier mit einem Auszug aus meinem Buch „Soziale Maschinen bauen“ deutlich beantworten: Isaac Asimov ist einer der Erfinder der Robotik!
Mit Asimovs Kurzgeschichten begann in den 1940er und 1950er Jahren eine neue Art, über künstliche Wesen zu denken. Ausgangspunkt seiner Erzählungen sind Roboter als verwirklichte Geräte, deren Handeln und Zusammenwirken mit Menschen koordiniert werden muss.
Die berühmten Robotergesetze illustrieren diese Erzählperspektive am Besten: Sie dienten Asimov erzählerisch als Aufhänger für handlungstragende Konflikte und Paradoxien, die sich aus den in die Roboter eingeschriebenen Regeln ergeben. Asimov hat damit die Formulierung und Programmierung von Regeln ‚guten‘ Roboter-Verhaltens als Aspekt der Entwicklung von Robotern konstruiert, bevor Wissenschaftler sich der Aufgabe tatsächlich stellten – wobei diese wiederum Bezug auf ihn nahmen. In den 1990er Jahren wurden die Asimov’schen Gesetze sogar computerwissenschaftlich auf ihre Tauglichkeit für Roboterarchitekturen geprüft.
Interessant ist, dass der Bezug zwischen Robotik und Asimov wechselseitig und sehr prominent geschah. Der Schriftsteller ist sogar der Erfinder des Begriffs „Robotik“. Er hat die Konstruktion von Robotern in seinen Werken erstmals als systematische Wissenschaft beschrieben. In der zum Roman ausgestalteten Kurzgeschichtensammlung „I, Robot“ werden die drei Robotergesetze so zitiert, als würden sie aus dem „Handbook of Robotics, 56th Edition, 2058 A.D.“ stammen. Asimov selbst behauptete, den Begriff „Robotik“ in der Kurzgeschichte „Runaround“ 1942 erstmals überhaupt verwendet zu haben. Belegt ist jedenfalls, dass echte Technikwissenschaftler den Terminus erst in den 1950ern zu verwenden begannen.
Joseph Engelberger, der als ein Vater der Robotik als Wissenschaft gilt und 1956 die erste Firma zur Fertigung von Industrierobotern gründete, gab als wesentliche Quelle seiner Faszination für Roboter die Lektüre von Asimovs Werken an. Er lud Asimov sogar ein, das Vorwort seines Handbuchs „Robots in Practice“ zu schreiben. Und Asimov folgte der Einladung:
“Of course, the robots that now exist and that are described in fascinating detail in this book that you are holding, are not yet as complex, versatile and intelligent as the imaginary robots of I, Robot, but give the engineers time! There will be steady advances in robotics, and, as in my teenage imagination, robots will shoulder more and more of the drudgery of the world’s work, so that human beings can have more and more time to take care of its creative and joyous aspects.”
Asimov 1980, in: Engelberger 2012 [1980], S. xiii.
Neben der an Marx’ Frühschriften erinnernden Utopie des von der Arbeit freigesetzten Arbeiters sticht in der finalen Passage des kurzen Textes heraus, wie schicksalhaft Roboter(fähigkeiten), der Wunsch danach und ihre zukünftige Realisierung ins Verhältnis gesetzt werden. Die Imaginationskraft des Schriftstellers ist gleichsam der Auftrag der Ingenieure, die einzig mehr Zeit bräuchten, um entsprechend komplexe, vielseitige und intelligente Roboter zu bauen, wie die Fantasie sie hervorzubringen vermag. Der Weg zu ihrer technischen Realisierung sei ebenso fatalistisch durch stetigen Fortschritt gekennzeichnet. Dass ein literarischer Autor dieses Versprechen im Vorwort zum wissenschaftlichen Handbuch aus der Feder eines Robotik-Pioniers macht, spitzt das Verhältnis von Science Fiction und Robotik beinahe idealtypisch zu: Die Robotik bedient sich sehr gern an kulturellen Vorbildern und hat keine Berühurngsängste, auch mit zu hohen Erwartungen an ihre Maschinen zu spielen.